Was gilt bis zur Neureglung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI)?

Am 4. Juli 2019 hatte der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die verbindlichen Honorare für deutsche Architekten und Ingenieure nach HOAI für europarechtswidrig erklärt (Az. C-377/17). Die verbindlichen Preisrahmen des § 7 Absatz 1 HOAI verstoßen gegen die Dienstleistungsrichtlinie (2006/123/EG) und gegen die Niederlassungsfreiheit der EU-Mitglieder, so der EuGH. Die Bundesregierung muss das Urteil innerhalb eines Jahres umsetzen. Strittig ist nun, was bis zur Neuregelung gilt. Ein solches Verfahren hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 14. Mai 2020 ausgesetzt (Az. VII ZR 174/19) – und den Ball zurück zum EuGH gespielt.

Der BGH sollte anhand von zwei Verfahren prüfen, welche Auswirkungen das EuGH-Urteil auf bestehende Planungsverträge hat, in denen ein Honorar unterhalb des Mindestsatzes vereinbart worden war und deren Planer jetzt nachträglich den Mindestsatz verlangen (sogenannte Aufstockungsklage). Die beiden Vorinstanzen hatten hierzu unterschiedliche Urteile gefällt: Aus Sicht des Oberlandesgerichtes (Hamm) sind die maßgeblichen Bestimmungen der HOAI weiter anzuwenden (Az. VII ZR 174/19) – nach Auffassung des OLG Celle nicht (Az. VII ZR 205/19).

Der VII. Zivilsenat des BGH tendiert zwar dazu, dass die Mindestsätze der Honorarordnung noch so lange gelten, bis der deutsche Gesetzgeber eine neue Verordnung hinterlassen hat, legte sich aber nicht fest. Vielmehr legte er dem EuGH drei Fragen zur Vorabentscheidung vor: Ist die Dienstleistungsrichtlinie in einem Rechtsstreit zwischen Privaten unmittelbar anwendbar, in dem die Geltung des verbindlichen Preisrahmens gem. § 7 HOAI im Streit steht? Falls nein, verstößt dieser Preisrahmen gegen die in Art. 49 AEUV kodifizierte Niederlassungsfreiheit? Falls ja, folgt dadurch auch für eine unter privaten Inländern geführte Aufstockungsklage zur Unanwendbarkeit des § 7 HOAI?

Für Bauherren, Architekten und Planer bleibt die Rechtsunsicherheit nach dem BGH-Beschluss wohl noch einige Monate lang bestehen. Ein Vorabentscheidungsverfahren zum EuGH dauert in der Regel etwa ein Jahr. Erst sein Ausgang wird dann für bereits geschlossene und bis zur neuen HOAI zu schließende Verträge für Klarheit sorgen. Ob die neue Verordnung noch 2020 in Kraft treten wird, ist derzeit unklar. Sie wird dann die Grundlage für alle späteren Verträge sein. Die Beteiligten müssen dann mit härteren Preisverhandlungen rechnen.

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