Archiv für März 2020

Bundestag beschließt aktuelle Sonderregelungen zum Wohnungseigentumsgesetz

Die Einschränkungen aufgrund der Ausbreitung des neuartigen SARS-CoV-2-Virus betreffen auch Wohnungseigentümergemeinschaften, die jetzt und in den kommenden Monaten an sich ihre jährlichen Eigentümerversammlungen abhalten würden. Diese sind auf derzeit unabsehbare Zeit verboten, die notwendigen Beschlüsse zur Sicherung des Finanzwesens (Wirtschaftsplan 2020, Jahresabrechnung 2019, Sonderumlagen) können nicht gefasst werden. Am 25. März 2020 hat der Bundestag ein Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht beschlossen, dessen Artikel 2 Regelungen enthält, die das Wohnungseigentumsrecht betreffen.

Inhalt des Gesetzes

Regelungen für das Wohnungseigentumsrecht: Der zuletzt gültige Wirtschaftsplan gilt kraft Gesetzes fort, auch wenn er seinerzeit ohne Fortsetzungsklausel beschlossen worden war. Der bestellte Verwalter bleibt im Amt, auch wenn die Amtszeit dieser Tage verstreicht oder bereits verstrichen ist, und dies sogar dann, wenn dadurch die gesetzliche Höchstdauer von an sich fünf bzw. drei Jahren (§ 26 Absatz 1 Satz 2 WEG) überschritten wird. Dies alles gilt bis zu einer anderweitigen Beschlussfassung der Wohnungseigentümer. Soweit die Regelungen zum Wohnungseigentumsrecht.

Das Gesetz sieht darüber hinaus weitere Neuregelungen für das Zivilrecht vor: Bis zum 30. Juni 2020 wird Verbrauchern durch Artikel 240 § 1 Absatz 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) für Verträge, die Dauerschuldverhältnisse sind und vor dem 8. März 2020 geschlossen wurden, ein Leistungsverweigerungsrecht zugestanden, wenn sie ihre vertraglichen Zahlungspflichten wegen der Folgen von Corona derzeit nicht erfüllen können. Dadurch soll gewährleistet werden, dass insbesondere Wohnraummietverträge nicht gekündigt und Verbraucher nicht von Leistungen der Grundversorgung (Strom, Gas, Telekommunikation, soweit zivilrechtlich geregelt auch Wasser bzw. Abwasser) abgeschnitten werden, weil sie ihren Zahlungspflichten krisenbedingt nicht nachkommen können. Das Leistungsverweigerungsrecht muss einredeweise geltend gemacht werden. Der Schuldner, der wegen der COVID-19-Pandemie nicht leisten kann, muss sich also ausdrücklich auf das Leistungsverweigerungsrecht berufen und grundsätzlich auch belegen, dass er gerade wegen der COVID-19-Pandemie nicht leisten kann. Aufgrund der besonderen Eilbedürftigkeit treten die Regelungen bereits am Tag nach der Verkündung in Kraft. Das Außerkrafttreten der Regelungen zum Wohnungseigentumsrecht wird zum Ablauf des 31. Dezember 2021 sowie zu Artikel 240 § 1 EGBGB zum 30. September 2022 bestimmt.

Fraglich ist, ob auch diese sonstigen Regelungen Auswirkungen für Wohnungseigentümer und Gemeinschaften haben werden. Verwalter berichten, dass erste Wohnungseigentümer pandemiebedingt Einzugsermächtigungen widerrufen haben und fällige Hausgeldzahlungen zurückbehalten. Andere fragen, ob sie denn nun im ganzen Jahr 2020 keine Eigentümerversammlung mehr einberufen und durchführen müssen.

Denkbare Fallkonstellationen

Fall 1 (Wirtschaftsplan): Der Wirtschaftsplan 2019 wurde im Jahr 2019 ohne Fortgeltung beschlossen, so dass er mit Ablauf des Jahres 2019 seine Gültigkeit verlor. Überlegungen zur Rechtslage: Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie tritt der abgelaufene Wirtschaftsplan 2019 rückwirkend wieder in Kraft. Er ist Anspruchsgrundlage auch für die Zahlung der zurückliegenden Monate ab Januar 2020. Wohnungseigentümer geraten ab Inkrafttreten auch mit den ersten Monatsraten des Jahres 2020 in Verzug (zu dieser Frage unten Fall 2), falls der Wirtschaftsplan eine Zahlung in monatlichen Raten vorsah. Eine vereinbarte oder generell beschlossene Verfallklausel greift erst, wenn der Wohnungseigentümer nach Inkrafttreten mit der vorgesehenen Mindestzahl monatlicher Raten in Verzug gerät (Beispiel: Verfallklausel mit Ratenzahlungsrecht, solange Wohnungseigentümer nicht mit mehr als zwei Raten in Verzug gerät. Inkrafttreten des Gesetzes bzw. Wirtschaftsplanes 8. April 2020. Hausgeld-Jahressumme 2020 kann frühestens fällig werden, wenn für April, Mai und Juni nicht gezahlt wird). 

Fall 2 (Zurückbehaltungsrecht): Ein Wohnungseigentümer hat seine Wohnung vermietet. Sein Mieter zahlt seit März 2020 pandemiebedingt die fällige Miete nicht mehr. Infolgedessen kann der Wohnungseigentümer der Gemeinschaft sein Hausgeld nicht zahlen. Er beruft sich gegenüber dem Verwalter bis vorerst 30. Juni 2020 auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen Corona und widerruft die Einzugsermächtigung. Überlegungen zur Rechtslage: Der vermietende Wohnungseigentümer darf das Mietverhältnis wegen der Mietrückstände, die auf den Auswirkungen von Corona beruhen, nicht kündigen. Nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen berechtigt der Mietausfall nicht zum Einbehalt des Hausgeldes. Gegenüber Hausgeldforderungen der Gemeinschaft sind Aufrechnung und Zurückbehaltung im Grundsatz unzulässig. Fraglich ist, ob dem Wohnungseigentümer aufgrund von Artikel 240 § 1 Absatz 1 EGBGB ein Leistungsverweigerungsrecht zustehen könnte. Voraussetzung wäre das Bestehen eines Dauerschuldverhältnisses, das vor dem 8. März 2020 geschlossen wurde und dessen Erfüllung dem Wohnungseigentümer in dessen Eigenschaft als Verbraucher bis zum 30. Juni 2020 pandemiebedingt nicht möglich wäre, ohne seinen eigenen oder den angemessenen Lebensunterhalt seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht zu gefährden. Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass das Gemeinschaftsverhältnis zwischen Wohnungseigentümern und Wohnungseigentümergemeinschaft ein Dauerschuldverhältnis in diesem Sinne ist, welches mit dem Eigentumserwerb begonnen hat und zu regelmäßig wiederkehrenden Hausgeldzahlungen verpflichtet. Bei näherer Betrachtung überzeugt diese Sichtweise jedoch meines Erachtens nicht. Die Rechtsbeziehung zwischen Wohnungseigentümern und Gemeinschaft ist als Mitgliedschaftsrecht ausgestaltet. Die Mitgliedschaft ist kein Dauerschuldverhältnis im Sinne der Vorschrift. Die Gemeinschaft und der einzelne Wohnungseigentümer sind jeweils für sich betrachtet zwar Verbraucher. Die mitgliedschaftliche Rechtsbeziehung zwischen ihnen ist indes kein Verbrauchervertrag.

Fall 3 (Wärmelieferungsvertrag): Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist mit einem privaten Wärmelieferungsunternehmen vertraglich verbunden. Sie bezieht Heizenergie und Warmwasser. Wegen erheblicher Hausgeldausfälle infolge von Corona will der Verwalter die Zahlung der ab April monatlich geschuldeten Abschläge zurückstellen. Überlegungen zur Rechtslage: Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist einem Verbraucher gleichgestellt, wenn ihr – wie fast immer – wenigstens ein Verbraucher angehört und er ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder einer gewerblichen noch einer selbständigen beruflichen Tätigkeit dient (BGH, Urteil vom 25. März 2015 – VIII ZR 243/13). Der Wärmelieferungsvertrag ist ein vertragliches Dauerschuldverhältnis im Sinne von Artikel 240 § 1 Absatz 1 Satz 1 EGBGB. Fraglich ist, ob man die weitere tatbestandliche Voraussetzung, dass der Verbraucher bei vorzeitiger Erfüllung seiner vertraglichen Zahlungspflicht seinen oder den angemessenen Lebensunterhalt seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen gefährden würde, bejahen kann. Die Wohnungseigentümergemeinschaft als rechtsfähiger Verband bestreitet keinen eigenen Lebensunterhalt. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift sowie mit systematischem Blick auf § 1 Absatz 1 S. 3 EGBGB wird es aber zutreffend sein, die ihr angehörenden Wohnungseigentümer (Mitglieder) als unterhaltsberechtigte Angehörige in diesem Sinne anzusehen. Das Vertragsverhältnis mit einem Wärmelieferanten ist zur Eindeckung mit Leistungen der angemessenen Daseinsvorsorge erforderlich (Artikel 240 § 1 Absatz 1 S. 3 EGBGB). Die Berufung auf das Leistungsverweigerungsrecht setzt indessen weiter voraus, dass bei einer sofortigen Leistung der Abschlagszahlungen die Zahlungsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft drohen würde. Das hängt von den besonderen Umständen des Einzelfalles ab. Hierzu dürfte zählen, wie hoch die Hausgeldausfälle sind, welche weiteren Verbindlichkeiten die Gemeinschaft hat und ob es Liquiditätsreserven, insbesondere eine ausreichende Instandhaltungsrücklage, gibt. Darlegungspflichtig hierfür ist die Wohnungseigentümergemeinschaft. Zu berücksichtigen ist noch, dass gemäß Artikel 240 § 1 Absatz 3 EGBGB Absatz 1 der Vorschrift nicht gilt, wenn die Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts für den Gläubiger seinerseits unzumutbar ist, da die Nichterbringung der Leistung die wirtschaftliche Grundlage seines Gewerbebetriebs gefährden würde. Bei einem Wärmelieferungsunternehmen wird es an dieser Voraussetzung, für die das Unternehmen darlegungspflichtig ist, in der Regel fehlen.

Fazit für den Verwalter

Vorerst sollten Verwalter das Hausgeldinkasso wie gehabt behandeln und betreiben. Gegenüber fälligen Hausgeldforderungen dürfen Wohnungseigentümer nicht aufrechnen oder ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen. Im Einzelfall kann es sich anbieten, den Wohnungseigentümern entsprechende Hinweise zu erteilen.

Regelmäßig zu erbringende Zahlungen an Gläubiger der Wohnungseigentümergemeinschaft aufgrund von Dauerschuldverhältnissen, wie beispielsweise Wärmelieferungsverträge, Wartungsverträge oder der Verwaltervertrag, sollten wie gehabt pünktlich bezahlt werden, solange die Finanzdecke der Gemeinschaft es zulässt. Bei anderen Vertragsverhältnissen, die also keine Dauerschuldverhältnisse sind, wie beispielsweise Werkverträge mit Handwerkern, besteht ein Leistungsverweigerungsrecht grundsätzlich nicht. Hier kann der Verwalter mit dem Gläubiger der Wohnungseigentümergemeinschaft möglicherweise eine individuelle Stundung vereinbaren.

Derzeit ist nicht absehbar, wann der Höhepunkt der Pandemie erreicht sein wird und ob die Gewährung des Schuldnerschutzes bis 30. Juni 2020 ausreicht. Sollte sich herausstellen, dass der Zeitraum nicht ausreichend ist, um die wirtschaftlichen Folgen der Krise abzufedern, kann er von Bundesregierung verlängert werden.

Nicht beantwortet werden kann die Frage, ob noch in diesem Jahr ordentliche Eigentümerversammlungen stattfinden. Solange Verbote gelten, die von Bund, Ländern oder auch einzelnen Städten oder Kommunen erlassen sind und Eigentümerversammlungen rechtlich unmöglich machen, verhält sich der Verwalter pflichtgemäß und gesetzestreu, wenn er – sei es die ordentliche, sei es eine außerordentliche mit einem einzigen TOP – keine Versammlungen einberuft. Solange darf demnach auch der Verwaltungsbeirat von seiner gesetzlichen Ersatzeinberufungskompetenz (§ 24 Absatz 3 Var. 2 WEG) keinen Gebrauch machen, da es schlichtweg an einer Pflichtwidrigkeit des Verwalters fehlt. Anders als im Aktienrecht, wo die Hauptversammlung innerhalb der ersten acht Monate des Geschäftsjahres stattzufinden hat (§ 175 Absatz 1 Satz 2 AktG – durch Artikel 2 § 1 Absatz 5 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht wird diese Frist aber wohl bald außer Kraft gesetzt), steht im Wohnungseigentumsrecht das ganze Kalenderjahr zur Verfügung (§ 24 Absatz 1 WEG: „[…] mindestens einmal im Jahr […]″.). Sehen Gemeinschaftsordnung oder Verwaltervertrag kürzere Durchführungsfristen vor, gelten diese während der gesetzlichen Verbotslage nicht. Verwalter und Wohnungseigentümer müssen die weitere Entwicklung im Auge behalten.

Dr. Jan-Hendrik Schmidt

W·I·R Breiholdt Nierhaus Schmidt

Rechtsanwälte PartmbB Hamburg

www.wir-breiholdt.de

Zum Thema „WEG und Corona″ veranstaltet der VDIV Deutschland am » 15. April ein Webinar. Darin geht es unter anderem um Online-Eigentümerversammlungen und den Umgang mit Wirtschaftsplan, Jahresabrechnung und Hausgeld.

Mehr News vom DDIV und zur Immobilienverwaltung unter https://www.hausverwaltung-koeln.com/news/

Corona im Mietverhältnis

Die wirtschaftlichen Einschränkungen durch die Corona-Pandemie sind umfangreich. Die verordnete Schließung beispielsweise von Restaurants, Ladengeschäften und Hotels hat insbesondere erhebliche Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation der einzelnen Gewerbemieter. Aber auch Wohnungsmieter sind beispielsweise durch Kurzarbeit finanziell betroffen. Für Vermieter stellt sich die Frage, welche Rechte Mieter in dieser Situation haben.

Die nachfolgenden Ausführungen sollen einen groben Überblick hierzu geben. Beachten Sie bitte, dass jeder Fall einzeln betrachtet werden muss und dass dies keine generelle Handlungsempfehlung sein soll.

Werden Mietverhältnisse unwirksam?

Die aktuellen behördlichen Anordnungen haben keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der abgeschlossenen Mietverträge.

Gewerbemietverträge

Kann der Gewerbemieter die Miete mindern?

Eine Mietminderung kommt dann in Betracht, wenn die Mietsache mangelhaft ist. Ein Mangel liegt vor, wenn die tatsächliche Beschaffenheit negativ von der vereinbarten Beschaffenheit abweicht. Ein im Laufe des Mietverhältnisses auftretender Wasserschaden in einem Ladengeschäft ist beispielsweise eine solche negative Abweichung.

Im Fall von Corona hat sich an der Mietsache an sich nichts geändert. Allerdings kann ein Mangel auch darin bestehen, dass durch behördliche Anordnung die Nutzung eingeschränkt oder untersagt wird. Im Fall von Corona gibt es diese Nutzungsuntersagungen. Allerdings setzt eine Mietminderung zusätzlich voraus, dass die Ursache für die Einschränkung dem Risikobereich des Vermieters zuzuordnen ist. Hat der Vermieter beispielsweise die Räume zum Betrieb eines Spielcasinos vermietet, obwohl ein Spielcasino in den Räumen gar nicht betrieben werden kann, so kann die Behörde den Betrieb untersagen. Die Untersagung hängt in diesem Beispiel mit dem Gebäude zusammen und damit mit dem Risikobereich des Vermieters. Im Fall von Corona stammen die Gründe für die Untersagung aber nicht aus dem Risikobereich des Vermieters.

Ein Gewerbemieter möchte die Räume für sich gewinnbringend nutzen. Ob dies dem Mieter gelingt oder nicht, ist letztlich das Verwendungsrisiko des Mieters. Ein Mieter hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass die mit den Mieträumen gemachten Pläne sich verwirklichen. Auch auf Seiten des Mieters können öffentlich-rechtliche Anordnungen erfolgen, welche die Nutzung unmöglich machen. Verliert ein Mieter eine behördliche Genehmigung im Laufe des Mietverhältnisses und kann er deshalb sein Gewerbe nicht mehr betreiben, dann ist dies das Risiko des Mieters.

Die durch Corona bedingten behördlichen Anordnungen sind nicht dem Risikobereich des Vermieters zuzuordnen, sondern die Anordnungen unterfallen dem Verwendungsrisiko des Mieters. Ein Mangel der Mietsache ist daher nicht gegeben, und der Mieter hat keinen Anspruch auf Mietminderung.

Welche Besonderheiten gibt es bei Shopping-Centern oder Malls?

In Malls und Shopping-Centern gibt es eine Vielzahl von Geschäften. Einige können von den behördlichen Anordnungen betroffen sein, andere nicht. Der Center-Betreiber/Vermieter muss in diesen Fällen darauf achten, dass die Gewerbetreibenden, die trotz behördlicher Anordnung weiter ihrem Geschäft nachgehen können (z. B. Apotheken), dies auch weiterhin können. Ein generelles Schließen des Shopping-Centers könnte bei dieser Mietergruppe zu einem Mangel führen, den der Vermieter verursacht hat. Der Mieter könnte sich auf eine Mietminderung berufen.

Dass im Shopping-Center durch die aktuelle Situation weit weniger Besucher/Kunden sind, ist grundsätzlich wieder dem Verwendungsrisiko des Mieters zuzuordnen. Wenn allerdings eine Vereinbarung zwischen Vermieter und Mieter über eine bestimmte Besucheranzahl getroffen worden ist, kann dies anders zu beurteilen sein.

Was gilt bei der Vermietung von Büros?

Ob der Büromieter seine Räume so nutzen kann, wie er es ursprünglich geplant hatte, ist wieder dem Verwendungsrisiko des Mieters zuzuordnen. Wie viele Mitarbeiter der Mieter hat, wie gut die Auslastung des Büros ist, wie viele Mitarbeiter ins Büro kommen oder ob die Mitarbeiter aktuell vermehrt von zu Hause aus arbeiten, ist das Risiko des Mieters. Einen Anspruch auf Mietminderung wegen geringerer Nutzung auf Grund von Corona besteht nicht.

Kann sich der Gewerbemieter auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen?

Das Bürgerliche Gesetzbuch enthält in § 313 BGB Vorschriften zur „Störung der Geschäftsgrundlage“. Diese Norm folgt dem Gedanken von Treu und Glauben und ist daher eng auszulegen. Letztlich kommt es darauf an, dass die Vertragsparteien bei Abschluss des Vertrages Umstände zur Grundlage gemacht haben, die später wegfallen. Beispielsweise wurde einem Mieter, der Kfz-Schilder prägt, zugestanden, zu kündigen, nachdem die Kfz-Zulassungsbehörde aus dem gleichen Gebäude ausgezogen ist.

Ob ein Geschäft sich dauerhaft trägt oder Gewinn erwirtschaftet, weil ausreichend Kunden kommen, ist kein Umstand, den die Vertragsparteien übereinstimmend als Grundlage für den Vertrag angenommen haben. Das Verwendungsrisiko ist auch in diesem Punkt dem Mieter zuzuordnen. Der Anwendungsbereich der Störung der Geschäftsgrundlage erstreckt sich nicht auf durch wirtschaftliche und soziale Katastrophen verursacht allgemeine Not.

Selbst für den Fall, dass man eine Störung der Geschäftsgrundlage annimmt, würde dies nicht zu einer Kündigungsmöglichkeit, sondern lediglich zu einer Vertragsanpassung führen. Eine Vertragsanpassung wäre hier eine Stundung der Miete oder eines Teils der Miete. Bei der Stundung der Miete wäre gleichfalls zu berücksichtigen, dass der Staat umfangreiche Hilfen gewähren will.

Wie müssen Nachträge von Gewerbemietverträgen geschlossen werden?

Bei Vereinbarungen zwischen Vermieter und Gewerbemieter, die zum Beispiel die befristete Stundung von Mietforderungen betreffen, ist immer die Schriftform zu beachten. Wird diese Schriftform im Rahmen eines Nachtrages zerstört, gilt die ursprüngliche vereinbarte Vertragslaufzeit nicht mehr. Das Mietverhältnis kann dann jederzeit ordentlich gekündigt werden.

Kann der Vermieter den Gewerbemieter wegen Zahlungsverzug kündigen?

Grundsätzlich kann der Vermieter wegen Zahlungsverzug kündigen. Dabei muss der Mieter mit bestimmten monatlichen Beträgen innerhalb von bestimmten Zeiträumen in Verzug sein. Insoweit gibt es keine Änderungen in Bezug auf die Zeit vor Corona.

Die vom Gesetzgeber geplante Einschränkung des Kündigungsrechts ist hier zu berücksichtigen. Insoweit ist es Vermietern untersagt, wegen Zahlungsverzug des Mieters in der Zeit vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 eine Kündigung auszusprechen, sofern der Zahlungsverzug auf der COVID-19-Pandemie beruht. Dabei muss der Mieter den Zusammenhang zwischen dem Zahlungsverzug und der COVID-19-Pandemie glaubhaft machen. Eine solche Glaubhaftmachung kann unter anderem durch eine Versicherung an Eides statt erfolgen.

Wird die Kündigung mit Zahlungsrückständen aus der Zeit vor dem 1. April 2020 begründet, wäre danach eine Kündigung weiter möglich. Auch eine verhaltensbedingte Kündigung ist nicht ausgeschlossen.

Fordern Sie daher den Mieter bei Zahlungsverzug auf, eine Erklärung abzugeben, ob der Zahlungsverzug auf der COVID-19-Pandemie beruht und dass der Mieter dies glaubhaft machen soll.

Kann der Gewerbemieter kündigen?

Wenn in Gewerbemietverträgen bestimmte Laufzeiten und Kündigungsbedingen vereinbart sind, dann bleiben diese Regelungen weiterhin unverändert bestehen. Ein Anspruch des Mieters auf eine außerordentliche Kündigung wegen Corona ist grundsätzlich nicht ersichtlich.

Wohnraummietverhältnis

Kann der Wohnungsmieter die Miete mindern?

Auch beim Wohnungsmieter gilt, dass die Miete nur gemindert werden kann, wenn die tatsächliche Beschaffenheit von der vereinbarten Beschaffenheit negativ abweicht. Allein durch Corona und die behördlichen Anordnungen ist keine negative Abweichung für den Wohnungsmieter gegeben. Ein Minderungsanspruch scheidet aus.

Welche Rechte haben Wohnungsmieter in Bezug auf Telefon-, Fernseh- und Internetanschluss?

Durch Corona sind die Menschen beruflich (eventuell Homeoffice) und auch privat stärker an ihre Wohnung gebunden, so dass Telefon, Fernseher und Internet mehr genutzt werden. Hat der Vermieter baulich einen Telefon-, Fernseh- oder Internetanschluss installiert, ist er auch in Zeiten von Corona verpflichtet, die Instandhaltung und Instandsetzung zu tragen. Ob der Mieter einen Anspruch auf technische Erweiterung/Gestattung der Erweiterung beispielsweise der Internetverbindung hat, hängt vom Einzelfall ab. Bisher sind Mietminderungsansprüche bei Ausfall/Einschränkung dieser Medien eher untergeordnet gewesen. Bei der derzeitigen Ausgangssperre könnten sich die Gerichte hier zukünftig anders orientieren.

Wann kann der Vermieter dem Wohnungsmieter gegenüber kündigen?

Grundsätzlich kann der Vermieter wegen Zahlungsverzug kündigen. Dabei muss der Mieter mit bestimmten monatlichen Beträgen innerhalb von bestimmten Zeiträumen in Verzug sein (vgl. §§ 543, 569 BGB). Insoweit gibt es keine Änderungen in Bezug auf die Zeit vor Corona.

Die vom Gesetzgeber geplante Einschränkung des Kündigungsrechts ist hier zu berücksichtigen. Insoweit ist es Vermietern untersagt, wegen Zahlungsverzug des Mieters in der Zeit vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 eine Kündigung auszusprechen, sofern der Zahlungsverzug auf der COVID-19-Pandemie beruht. Dabei muss der Mieter den Zusammenhang zwischen Zahlungsverzug und der COVID-19-Pandemie glaubhaft machen. Eine solche Glaubhaftmachung kann unter anderem durch eine Versicherung an Eides statt erfolgen.

Wird die Kündigung mit Zahlungsrückstände aus der Zeit vor dem 1. April 2020 begründet, wäre danach eine Kündigung weiter möglich. Auch eine verhaltensbedingte Kündigung ist nicht ausgeschlossen.

Fordern Sie daher den Mieter bei Zahlungsverzug auf, eine Erklärung abzugeben, ob der Zahlungsverzug auf der COVID-19-Pandemie beruht und dass der Mieter dies glaubhaft machen soll.

Empfehlung zur Vorgehensweise

Weder Vermieter noch Mieter sind für Corona und deren Auswirkungen verantwortlich. Da das Verwendungsrisiko beim Mieter liegt, ist der Mieter grundsätzlich weiter zur Zahlung verpflichtet. Kann der Mieter nicht zahlen und helfen dem Mieter auch die staatlichen Fördermaßnahmen nicht weiter, verlagert sich das finanzielle Problem zeitlich verzögert auf den Vermieter. Insoweit gilt auch hier der Grundsatz „Vertrag kommt von Vertragen“. Keine Partei steht für sich allein, so dass eine einvernehmliche Vereinbarung über eine Stundung der Miete/eines Teils der Miete eine langfristige Lösung für beide Seiten sein kann.

Steffen Groß

Rechtsanwalt

Groß Rechtsanwälte Berlin

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Weitere Informationen zum Thema „Corona im Mietverhältnis“ erhalten Sie auch in unseren beiden Webinaren am 8. und 16. April. Details dazu » finden Sie hier.

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