Archiv für Mai 2019

Sorgfältige Sachverhaltsklärung bei Härtefällen im Rahmen einer Eigenbedarfskündigung ist ein Muss

Eine Eigenbedarfskündigung ist für Mieter – gerade in Städten und Kommunen mit angespanntem Wohnungsmarkt – nicht nur eine schlechte Nachricht. Damit einher geht für die meisten Betroffenen neben der Suche nach einer neuen Wohnung auch die Frage, ob und wie man gegen eine Kündigung wegen Eigenbedarf vorgehen kann. Bei ihrem Widerspruch berufen sich Betroffene dann nicht selten auf die sogenannte Härtefallklausel. Die Auslegung dieser Härtefall- oder auch Sozialklausel im Rahmen einer Eigenbedarfskündigung sorgt bei Eigentümern und Mietern regelmäßig für Unsicherheit. Mit zwei Fällen zu dieser Thematik hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigt und jeweils mit Urteil vom 22. Mai 2019 die Rechtsprechung präzisiert. (» der DDIV berichtete)

Im ersten Fall hat der Mieter der vom Kläger ausgesprochenen Eigenbedarfskündigung widersprochen, und zwar aus Gründen des Alters, der langen Mietdauer sowie einer zusätzlichen Demenzerkrankung, bei der die Vermutung einer umzugsbedingten Verschlechterung nahe lag. Ein hierzu dem Landgericht vorgelegtes Attest bestätigte die Krankheit und die zu erwartende Verschlechterung des Gesundheitszustandes bei einem Umzug. Das Berufungsgericht wies daher die Räumungsklage ab, erklärte die Eigenbedarfskündigung jedoch für wirksam. Aus diesem Grund muss das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit fortgesetzt werden.

Im zweiten Fall wurde der Widerspruch gegen die Eigenbedarfskündigung trotz der schweren Erkrankung des betroffenen Mieters (Schizophrenie, Alkoholismus, Inkontinenz, Demenz und Abwehrhaltung bei der Pflege) vom Amts- und Landgericht zurückgewiesen. Ein vorgelegtes ärztliches Attest bescheinigte zwar eine bei Umzug zu erwartende erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes, die Vorinstanzen sahen jedoch die Voraussetzungen eines Härtefalls als nicht erfüllt an, stimmten der Eigenbedarfskündigung zu und gaben der hiermit verbundenen Räumungsklage statt.

In beiden vor dem Bundesgerichtshof verhandelten Fällen wurde kein zusätzliches Sachverständigengutachten zur Klärung einer drohenden Gesundheitsverschlechterung in Folge eines Umzugs von den Vorinstanzen eingeholt.

Der Bundesgerichtshof hob mit Urteil vom 22. Mai 2019 beide Berufungsurteile der vorstehenden Fälle auf und wies sie zur weiteren Aufklärung an die Landgerichte zurück. Zur Begründung heißt es: Da in beiden Fällen grundrechtlich zu schützende Belange wie Eigentum und Gesundheit in Konflikt stehen, sollte eine umfassende Erörterung sowie eine besondere Abwägung der jeweiligen Interessen durchgeführt werden. Ein grundsätzliches Überwiegen der Belange einer der Interessengruppen (Eigentümer oder Mieter) ist nach Ansicht des BGH abzulehnen, da diese jeweils von den individuellen Umständen und der Einzelperson abhängig sind.

Für beide vor dem BHG verhandelten Fälle bedeutet dies: Wenn einem Mieter die Verschlechterung seines Gesundheitszustandes durch Attest bescheinigt wird, muss ein Sachverständigengutachten gerichtlich beauftragt und zur Beurteilung herangezogen werden. So soll im Einzelfall der zu erwartende Zusammenhang von Erkrankung und Auswirkung auf die Lebensverhältnisse, auf die Selbstständigkeit beziehungsweise Selbstversorgung sowie auf die seelische Gesundheit und die Wahrscheinlichkeit einer Zuspitzung des Gesundheitszustandes ermittelt werden. Um eine umfängliche und ausgewogene gerichtliche Prüfung zu ermöglichen, muss in diesem Kontext ebenfalls betrachtet werden, inwieweit eine Verschlechterung bei einem Wohnungswechsel eventuell durch familiäre, ärztliche oder therapeutische Betreuung abgeschwächt werden kann.

Da angenommen werden kann, dass Härtefälle immer auch Einzelfälle sind, kann nach Ansicht des BGH nur durch eine Einzelfallbetrachtung eine umfassende Analyse des zu beurteilenden Falls durchgeführt werden und sich somit eine rechtlichen Anforderungen standhaltende Prüfung ergeben.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 22. Mai 2019, VIII ZR 180/18

Vorinstanzen:
Amtsgericht Charlottenburg, Urteil vom 17. Juli 2017, 231 C 565/16
Landgericht Berlin, Urteil vom 9. Mai 2018, 64 S 176/17

Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.Mai.2019, VIII ZR 167/17

Vorinstanzen:
Amtsgericht Halle, Urteil vom 11. Oktober 2016, 95 C 1281/16
Landgericht Halle, Urteil vom 5. Juli 2017, 1 S 245/16

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AWI-Hessen präsentiert Konjunkturdaten zum Wohnungsbau

Die Arbeitsgemeinschaft der Wohnungs- und Immobilienverbände (AWI-Hessen), der auch der Verband der Immobilienverwalter Hessen angehört, hat den Konjunkturbericht 2018/2019 vorgestellt. Demnach ist die Zahl der genehmigten Wohnungen im Jahr 2018 im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. Nicht nur das, sondern auch das Delta zwischen genehmigten Wohneinheiten und dem jährlichen Neubaubedarf ist nach Ansicht der Experten ein verheerendes Signal für alle Wohnungssuchenden.

Wie es im vorgestellten Konjunkturbericht heißt, habe der dringend benötigte Aufwärtstrend im Wohnungsbau, der sich im Jahr 2017 noch leicht fortsetzte, im vergangenen Jahr einen erheblichen Dämpfer erlitten. So sei im Jahr 2018 für Hessen der Bau von 6.796 neuen Wohngebäuden mit rund 24.900 Wohnungen genehmigt worden. 2017 wurde der Bau von rund 26.000 Wohnungen genehmigt. Angesichts eines errechneten Wohnungsbedarfs von 37.000 neuen Wohnungen pro Jahr sei dies eine bedenkliche Entwicklung, so die Verfasser des Konjunkturberichts. Ursächlich dafür werden im Bericht steigende Baukosten sowie der weiterhin bestehende Mangel an Baugrund aber auch investitionshemmende Rahmenbedingungen genannt. So würden Forderungen wie die von Oberbürgermeister Peter Feldmann nach einem allgemeinen Mietendeckel für Frankfurt in die falsche Richtung gehen (» der DDIV berichtete). Auch der Vorstoß von Bundesjustizministerin Katarina Barley zur Verschärfung der Mietpreisbremse sei nicht förderlich (» der DDIV berichtete). Denn durch solche Vorschläge entstehe keine einzige neue Wohnung, sondern im schlimmsten Fall verschwinden Wohnungen vom Markt, weil sich Vermieter zurückziehen. Damit sei niemandem geholfen.

Steigende Mieten, kaum Leerstand in Hessen

Werner Merkel, Vorsitzender des Immobilienverwalterverbandes Hessen, berichtet von einer ungebrochen hohen Wohnungsnachfrage. Zudem habe sich der Trend steigender Mieten auch 2018 fortgesetzt, wenn auch in moderatem Maße. Ohne Nebenkosten habe der Anstieg der Wohnungsmieten in ganz Hessen im Jahr 2018 bei 1,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr gelegen. Dies sei ein Anstieg in Höhe der Inflationsrate. Die hohe Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt zeige sich auch bei der geringen Leerstandsquote. Ende 2017 lag der marktaktive Leerstand in den Wachstumsregionen bei nur 1,9 Prozent. Frankfurt hat mit 0,4 Prozent eine der niedrigsten Quoten bundesweit. Dieser Entwicklung lasse sich nur durch Neubau begegnen.

Insgesamt, so Merkel, müsste es eine größere Unterstützung der Wohnungseigentümer geben. Beim wichtigen Thema Elektromobilität lasse die Politik die Eigentümer derzeit noch allein. Viele sprächen über kommunale Infrastruktur und Ladestationen an öffentlichen Plätzen. Das jedoch blende die Realität aus. Die Menschen würden ihre E-Autos zu Hause laden, und dort müsse die nötige Infrastruktur vorhanden sein. Wohnungseigentümer sollten deshalb finanziell stärker als bisher beim Ausbau der hauseigenen Ladeinfrastruktur unterstützt werden.

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