Archiv für Mai 2019

Bauzwang und Enteignung: Wohin steuert Deutschland?

Hohe Wohnkosten führen hierzulande zu heftigen Debatten und ganz unterschiedlichen Vorschlägen, wie dagegen vorgegangen werden kann. Selbst von Enteignung und Bauzwang ist die Rede, und zwar ohne darin einen Widerspruch zu den Grundwerten der Bundesrepublik zu sehen. Aber diesen gibt es durchaus. Manchen erinnern die Diskussionsinhalte an Sozialismus, andere wiederum sehen keine andere Möglichkeit, um gegen Wohnraummangel anzukommen.

Die ersten Briefe von Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer an 20 Grundstückseigentümer seiner Stadt dürften mittlerweile ihre Empfänger erreicht haben. Palmer will sie bewegen, brachliegende Grundstücke innerhalb der nächsten vier Jahre zu bebauen oder zum Verkehrswert an die Stadt zu verkaufen. Sollten die angeschriebenen Eigentümer nicht reagieren, werde ein formelles Anhörungsverfahren durchgeführt, an deren Ende auch ein Bußgeld stehen kann. Als letztes Mittel schließt Palmer Enteignungen nicht aus. Die Berliner Debatte um die Enteignung großer Immobilienunternehmen geht in die gleiche Denkrichtung: Vermeintlichen oder tatsächlichen Spekulanten soll das Handwerk gelegt werden. Bezahlbarer Wohnraum scheint sonst nicht möglich zu sein. Allerdings wird Enteignung keine einzige Wohnung bauen. Neue Wohnungen sind aber dringend notwendig, wenn sich der Wohnungsmarkt entspannen soll. Enteignung steht zudem der Sozialen Marktwirtschaft diametral entgegen.

Auf dem Parteitag der FDP am letzten Aprilwochenende hat sich eine große Mehrheit dafür ausgesprochen, Artikel 15 Grundgesetz, der Enteignungen ermöglicht, zu streichen. Nunmehr soll ein entsprechender Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht werden. Die notwendige Zweidrittelmehrheit im Bundestag für eine Grundgesetzänderung ist aber eher unwahrscheinlich.

An die Schaffung bezahlbaren Wohnraums hat auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz gedacht, als er eine Verschärfung des Baurechts gefordert hat. Er wolle das Baugebot ändern, um Kommunen ein stärkeres Druckmittel an die Hand zu geben, mit dem Eigentümer bewegt werden können, freie Grundstücke zu bebauen. Die Kommunen haben bereits heute die Möglichkeit, einzelne Eigentümer zur Bebauung freier Grundstücke zu verpflichten. Geregelt ist das in § 176 Baugesetzbuch. Boris Palmer etwa bezieht sich auf diese gesetzliche Regelung, die allerdings nicht erlaubt, flächendeckende Baugebote auszusprechen. Bundesbauminister Horst Seehofer hat nach dem Vorstoß von Finanzminister Scholz verkünden lassen, dass er eine Verschärfung des Baurechts nicht für geboten halte.

Die Enteignungsdebatte hat inzwischen die gesamte Bundesrepublik ergriffen, und sie spaltet das Land. Teile von SPD und Grünen begrüßen die Enteignungsforderung. Dazu gehört unter anderem der Grüne Parteivorsitzende Robert Habeck. Ministerpräsident Winfried Kretschmann hingegen hält Enteignungen nicht für das richtige Mittel. Bundesbauminister Horst Seehofer deklariert Enteignungen als kontraproduktiv, wenn es um die Schaffung bezahlbaren Wohnraums geht. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnt Enteignungen ab.

Statt Enteignungen zu forcieren, die keinen bezahlbaren Wohnraum schaffen, sind geeignete Maßnahmen für den schnellen Bau neuer Wohnungen erforderlich. Zeitnahe Genehmigungsverfahren, Erleichterungen bei Bauvorgaben und Bauauflagen und Ausweisung von Bauland durch die Kommunen sind nur einige Stichworte, die Neubaumaßnahmen beschleunigen und den Wohnungsmarkt entspannen können.

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Grundsteuerpingpong geht in die nächste Runde

Nach dem jüngsten Vorschlag von Bundesfinanzminister Olaf Scholz zur Reform der Grundsteuer sollte Ende April eigentlich der entsprechende Gesetzentwurf zur Neuregelung der Grundsteuer vom Bundeskabinett beschlossen werden. Daraus ist nichts geworden, da es noch immer keine Einigung zwischen Bund und Ländern gibt. Nun will Bundesfinanzminister Olaf Scholz Juristen einbinden, um verfassungsrechtliche Bedenken auszuräumen.

Laut Medienberichten hat das Bundeskanzleramt den Gesetzentwurf von Bundesfinanzminister Olaf Scholz zur Neuregelung der Grundsteuer gestoppt. Er werde demnach vorerst nicht in die Ressortabstimmung gehen. Bevor das Bundeskabinett sich mit einem Gesetzentwurf befassen wird, müsse eine Einigung mit den Bundesländern, insbesondere mit Bayern, erreicht werden. Am 10. Mai solle es deshalb ein Treffen zwischen Bundesfinanzminister Scholz sowie den Finanzministern von Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz geben. Das Bundesfinanzministerium hat diese Berichte am Donnerstag dementiert. Ein Treffen mit Experten und den Ministern sei aber für Freitag, den 10. Mai geplant. Besonders umstritten ist die von Bayern geforderte Öffnungsklausel für die Bundesländer, die ihnen eigene Regelungen zur Grundsteuerberechnung ermöglichen würde (» der DDIV berichtete). Die SPD lehnt eine Öffnungsklausel ab, Bundesminister Scholz hat aber vor Ostern erklärt, die verfassungsrechtlichen Möglichkeiten prüfen zu wollen. An dem Treffen am Freitag sollen deshalb auch Verfassungsrechtler teilnehmen.

Ein weiterer Punkt, der immer wieder Diskussionen aufwirft, ist die aufkommensneutrale Ausgestaltung der Grundsteuerneuregelung. Jüngste Berichterstattungen unter anderem in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und im Spiegel haben für einigen Wirbel wegen der zukünftigen Steuerhöhe gesorgt. Die Medien berichten von exorbitanten Grundsteuererhöhungen. Der Deutsche Städtetag wie auch Bundesfinanzminister Scholz weisen die Spekulationen über derartige Steigerungen zurück. Verena Göppert, stellv. Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Städtetages, erklärt, dass die Kommunen ihre Hebesätze so verändern würden, dass etwa die heutigen Einnahmen erreicht würden und bestätigt damit die früheren Aussagen von Olaf Scholz.

Einige Vorschläge zur Neuregelung der Grundsteuer des Bundesfinanzministers haben das Potenzial einer übermäßigen Belastung für Bewohner von Wohnungen mit derzeit niedrigen Mieten. So sieht der Gesetzentwurf vor, auf die Erhebung jeder einzelnen Miete zu verzichten und stattdessen die aus dem Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes abgeleiteten durchschnittlichen Nettokaltmieten zugrunde zu legen. Das ist zwar unbürokratischer, könnte aber zur Folge haben, dass Wohnungsbestände mit niedrigeren Mieten benachteiligt werden. Auch der vorgesehene Mietzuschlag in Ballungsgebieten und Großstädten führt zu einer zusätzlichen Belastung insbesondere für Wohnungsbestände im unteren Mietsegment. Außerdem würde das Wohnen in Großstädten, in denen ohnehin zum Teil deutlich höhere Mieten zu zahlen sind, noch einmal zusätzlich verteuert. Nach Vorstellungen von Scholz soll, um eine finanzielle Überbelastung gerade in Ballungszentren zu vermeiden, für bestimmte Wohnungen die Steuermesszahl abgesenkt werden. Dies soll unter anderem für den sozialen Wohnungsbau, kommunale und genossenschaftliche Wohnungen sowie für Vereine und gemeinnützige Unternehmen gelten. Dieser Ansatz einer Vergünstigung für einzelne Unternehmen führt zu einer Ungleichbehandlung, die wenig nachvollziehbar ist.

Wie es mit der Grundsteuer weitergeht, ist nach heutigen Stand offen. Bis Jahresende muss ein Gesetz her, das verfassungsfest ist. Sonst müssen die Kommunen ab Januar 2020 auf die Einnahmen aus der Grundsteuer verzichten. Mit einem Aufkommen von jährlich mehr als 14 Milliarden Euro wäre das ein empfindlicher Einschnitt.

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