Archiv für Mai 2019

Erste Musterfeststellungsklage im Mietrecht

Der Mieterverein München hat beim zuständigen Oberlandesgericht die bundesweit erste Musterfeststellungsklage im Mietrecht eingereicht. Hintergrund ist eine Modernisierungsankündigung inklusive entsprechender Erhöhung der Mieten für etwa 230 Bewohner des Stadtteils Schwabing. Stein des Anstoßes ist laut Mieterverein der Zeitpunkt der Ankündigung und die lange Zeit bis zum Beginn der Baumaßnahme von etwa einem Jahr.

Die Möglichkeit, Musterfeststellungsklagen zu führen, gibt es in Deutschland seit November 2018. Es handelt sich dabei um zivilrechtliche Verbandsklagen, bei denen nach dem Motto „einer klagt für alle” vertretungsberechtigte Vereine oder Verbände für mehrere Betroffene vor Gericht ziehen können. Voraussetzung ist, dass sich genügend gleichartig geschädigte Verbraucher finden, die eine entsprechende Klage mittragen. Das Klagerisiko liegt in einem solchen Fall bei dem Verein beziehungsweise bei dem Verband, der die Klage stellvertretend für die Verbraucher in die Wege leitet.

In einer Streitsache in München haben sich genügend Betroffene gefunden, und so hat der dortige Mieterverein nunmehr die erste mietrechtliche Musterfeststellungsklage eingereicht. Überprüfen lassen will der Mieterverein die Rechtmäßigkeit einer Modernisierungsankündigung und führt als Begründung den großen zeitlichen Abstand zwischen Ankündigung und Beginn der Modernisierungsmaßnahme ins Feld. Laut § 555 c Bürgerliches Gesetzbuch solle dieser mindestens drei Monate betragen. Der Mieterverein München findet im zu verhandelnden Schwabinger Fall die Zeit zwischen der Information der Mieter – Ende 2018 – und dem Beginn der Bauarbeiten – Ende 2019 – verdächtig lang. Und er vermutet dahinter eine Umgehungsabsicht.

Mit dem 1. Januar 2019 ist nämlich ein neues Mietrecht in Kraft getreten. Es wurden unter anderem Neuregelungen zur Umlage der Modernisierungskosten getroffen. So können seither nicht mehr elf, sondern nur noch acht Prozent der Aufwendungen auf die Mietkosten umgelegt werden. Auch darf die monatliche Miete binnen sechs Jahren nach einer Modernisierung laut neuem Mietrecht nur um höchstens drei Euro pro Quadratmeter angehoben werden; bei Mieten bis sieben Euro sogar nur um zwei Euro pro Quadratmeter.

Da der Eigentümer im Münchener Fall noch zum Ende des Jahres 2018 die Schreiben an die Mieter zugestellt hat, berechnet er die Modernisierungsumlage nach alter Rechtslage – also elf statt acht Prozent. Auf diese Weise fallen die Mieterhöhungen deutlich höher aus, als dies nach neuem Recht möglich wäre, das seit 1. Januar 2019 anzuwenden ist. Genau um diese Frage – Anwendung des neuen oder alten Mietrechts – geht es bei der Musterfeststellungsklage vor dem Oberlandesgericht München.

Neben der bereits eingereichten Klage in München wird vom Mieterverein Berlin eine ebensolche geprüft. Auch in der Hauptstadt lägen zahlreiche Informationen zu sehr frühzeitigen Modernisierungsankündigungen vor, die noch 2018 ergingen. Laut Mieterverein Berlin stehe die Vermutung im Raum, dass seitens der Vermieter die „Vorteile” des alten Mietrechts gesichert werden sollten.

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Bei Eigenbedarfskündigung Prüfung des Einzelfalls notwendig

Eine Kündigung wegen Eigenbedarf ist für Mieter oft ein Schock und in Zeiten akuten Wohnraummangels ein großes Problem. Betroffene haben in den meisten Fällen schlechte Chancen, eine Eigenbedarfskündigung abzuwenden. Das geht nur über die sogenannte Härtefallklausel. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im April zwei solcher Fälle verhandelt und angemahnt, dass Gerichte jeden Einzelfall genau prüfen müssen.

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat sich in „zwei Verfahren näher mit den Voraussetzungen der sogenannten Sozialklausel in §§ 574 ff. BGB” befasst. Die Eigenbedarfskündigungen sind in beiden Fällen von den jeweiligen Vorinstanzen zu Gunsten der Eigentümer entschieden worden.

Im Falle einer 80-jährigen Mieterin, die seit 1974 in ihrer Wohnung lebt, hat das Landgericht Berlin zwar den Eigenbedarf bestätigt, allerdings die Klage auf Räumung abgewiesen. Das Mietverhältnis ist demnach auf unbestimmte Zeit fortzusetzen. Die Begründung fußt auf der Anerkennung als Härtefall: Unter anderem sprechen dafür die Demenzerkrankung der Mieterin, die lange Mietzeit und die Schwierigkeiten bei der Suche nach einer bezahlbaren Wohnung in Berlin. Der Eigentümer klagt weiterhin auf Räumung und Herausgabe der Wohnung.

Der zweite vom Bundesgerichtshof verhandelte Fall in Sachen Eigenbedarfskündigung betrifft Mieter einer Doppelhaushälfte in Sachsen-Anhalt. Die vorinstanzlichen Gerichtsentscheidungen kamen zu dem Schluss, dass ein Umzug für die gekündigten Mieter zumutbar sei. Die Erkrankung der beiden beklagten Mieter (Parkinson, Depression, Alkoholabusus) wurden nicht als härtefallrelevant angesehen. Dagegen haben die Mieter Revision eingelegt.

Der BGH beschäftigt sich in beiden Fällen mit der Frage, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um eine Kündigung wegen Eigenbedarf mit Berufung auf die Sozialklausel abzuwenden. Die Urteilsverkündungen erfolgen am 22. Mai 2019. Dennoch habe der BGH in den mündlichen Verhandlungen bereits darauf hingewiesen, dass Gerichte bei Eigenbedarfskündigungen stets sehr genau prüfen müssten, ob Mieter wegen eines Härtefalls in ihrer Wohnung bleiben dürften oder diese räumen müssten. Alter und Krankheit der Mieter oder lange Mietzeiten allein sind nicht per se ein Garant dafür, dass Eigenbedarfskündigungen nicht erfolgreich sind.

BGH – VIII ZR 180/18
Vorinstanzen:
Amtsgericht Charlottenburg, Urteil vom 17. Juli 2017 – 231 C 565/16
Landgericht Berlin, Urteil vom 9. Mai 2018 – 64 S 176/17

BGH – VIII ZR 167/17
Vorinstanzen:
Amtsgericht Halle, Urteil vom 11. Oktober 2016 – 95 C 1281/16
Landgericht Halle, Urteil vom 5. Juli 2017 – 1 S 245/16

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